Reduktion auf das Wesentliche

Vor mittlerweile fast 10 Jahren war ich das erste Mal in Lappland zu Fuss mit dem Rucksack auf dem Kungsleden unterwegs. Als ich den Rucksack probepackte, brachte ich nicht alles rein, was ich mitnehmen wollte und das Gewicht war astronomisch. Ich war gezwungen, mir zu überlegen, was ich wirklich brauchen würde und was unnötiger Ballast war. Ich war dann mit einem deutlich leichteren Rucksack aber mit immer noch viel zu viel Material unterwegs. Seither habe ich meinen Packprozess immer weiter verfeinert und weiss nun recht gut, was ich wirklich brauche und was gut zuhause bleiben kann. Wie ich vorgehe, was ich mir dabei überlege und wie ich alles verpacke zeige ich dir in diesem Blog.

Bikepacking Setup im Oman 2022

Mein Packprozess beginnt meistens ein paar Tage (manchmal Wochen) vor der eigentlichen Reise. Ich nutze in einem ersten Schritt die Notizen App von meinem Natel und beginne dort eine Liste zu erstellen mit Dingen, die ich unbedingt einpacken muss und ja nicht vergessen darf. Da ich immer mal wieder etwas abgelegen unterwegs bin oder bei Reiseleitungen auch die eine oder andere «Spezialzutat» dabeihabe, helfe ich so meinem Sieb zwischen den Ohren, an alles zu denken. Die Liste erstelle ich bereits nach Themen geordnet (z.B. Schlafen, Elektronik, Kleider, etc.) und als Checkliste. Beim Zusammentragen der Dinge kann ich diese in der Liste dann auch gleich abhaken. So stelle ich sicher, dass ich (meistens…) alles habe. Wie das aussehen kann, zeige ich dir heute am Beispiel einer anstehenden Seekajak-Reise in den Schwedischen Schären.  Wenn dieser Blog online geht, werde ich bereits am Paddeln sein und die Weite auf dem Wasser geniessen.

In den Schären vor Västervik, 2022

Welche Kategorien du für deine Liste wählst, kann ich dir nicht sagen. Was für mich Sinn macht mit der Aufteilung, muss nicht zwingend auch für dich logisch sein. Meine Kategorien reflektieren meistens, was dann auch zusammen verpackt werden wird. Ich nutze sowohl im See Kajak, Kanadier, Packraft, auf dem Velo wie auch im Rucksack wasserdichte Roll- und Packsäcke, die unterschiedliche Farben haben. Diese werden entweder direkt im Gefährt oder in grösseren Trageinheiten z.B. im Rucksack) versorgt. Mit der Farbe der Säcke weiss ich, dass z.B. der kleine gelbe Sack (findet man schnell in einem dunklen Staufach) das WC-Zubehör enthält wenns mal wieder eilt, der grüne Sack das Schreibeug und Bücher/Kindle und der etwas grössere orange Sack die warmen Kleider enthält. Ich hasse nichts so sehr, wie ein Chaos im Boot, Rucksack oder in der Reisetasche, wenn alles lose herumliegt und sich munter wie ein Salat vermischen kann.

In den Booten mit den Ladeluken wie auch im Rucksack, der bei mir nur ein grosses 70 Liter Fach hat, überlege ich mir bereits beim Einräumen, was ich im Verlauf des Tages wann brauchen werde. Dies entscheidet die Reihenfolge was zuhinterst/zuunterst kommt und was zuoberst. Schnell erreichbar sind bei schlechtem Wetter die Regenkleider, dann immer die Essensration und das Kochgeschirr für den Tag und das Tarp/Zelt. Wenn das Wetter schlecht ist, die Bedingungen anspruchsvoll sind und ich ev. auch noch müde bin, will ich nicht lange suchen müssen, um Essen bzw. den Schutz vor dem Wetter aufbauen zu können. Zudem will ich nicht ständig alles aus- und einräumen müssen, um an die wichtigsten Dinge zu kommen und dabei den Rest im besten Fall auf trockenen Boden, im schlimmsten Fall in den Matsch legen müssen. Das ist zu Beginn etwas ungewohnt, mit der Zeit habe ich mich aber daran gewohnt und denke nun immer so beim Packen.

Verschiedene Rollsäcke, um Material wasserdicht zu verpakcken.

Was ich einpacke, hängt natürlich stark von der Destination ab und wie ich unterwegs sein werde. Für die Wanderungen im Norden brauche ich wärmere Bekleidung und einen dickeren Schlafsack als z.B. für eine Bikepacking Tour im Oman (LINK) oder eine Packraft Tour z.B. im sommerlichen Italien. Beim Schlafzimmer (wenn ich denn eines mitnehmen muss) frage ich mich, ob mir ein Tarp reichen wird oder ob die Bedingungen etwas mehr Schutz verlangen. Wenn ich mit der Hängematte mit integriertem Moskitonetz unterwegs sein kann, kommt sicher ein Tarp mit. Wenn ich in Lappland unterwegs bin, nutze ich ein Zelt, da dieses etwas mehr Schutz vor Sturm bietet, mehr isoliert und auch die Moskitoplage einfacher löst. Welches Zelt ich mitnehme, hängt wiederum davon ab, ob der Boden sehr hart oder sehr weich (Sand etc.) ist und ob z.B. ein freistehendes Zelt von Vorteil ist (das ich kaum abspannen muss oder ob ich das ultraleichte Trekkingzelt, das aber richtig abgespannt werden muss, einpacken kann. Zudem reicht im Sommer ein Dreisaisonzelt, während ich in Lappland im Winter lieber etwas Ultrasolides mit Wänden bis an den Boden habe, das mich auch im Wintersturm nicht im Stich lässt.

Bei der Bekleidung nutze ich gerne viel Merinofasern, da diese auch nach mehreren Tagen tragen immer noch nicht (so stark) riechen wie teilweise Kunstfaser. Unterwegs wasche ich die Kleider auch immer mal wieder von Hand aus oder wenn es die Möglichkeit wie z.B. in Asien gibt, gebe ich sie in einen Waschsalon. Ein wasserdicht verschliessbarer Packsack lässt übrigens nicht nur kein Wasser hinein, sondern auch kein Wasser hinaus. Ich gebe meine schmutzige Wäsche zusammen mit der Seife in so einen Rollsack rein und schüttle und knete alles zusammen eine Weile und muss hinterher nur noch die Seife ausspülen. So habe ich quasi immer eine Miniwaschmaschine dabei und kann mehrere Teile auf einmal waschen. Insgesamt komme ich so mit relativ wenig Kleidung aus und die Menge und das Gewicht bleiben überschaubar.

Toaks Titan 1100ml Topf, 2019 im Sarek in Lappland

Ich kaufe immer mal wieder neues Material und teste gerne neues Equipment. Dies aber in der Regel nur so lange, bis ich dasjenige Teil gefunden habe, mit dem ich wirklich zufrieden bin.  So habe ich mich eine Zeitlang durch verschiedenste Pfannen durchgekocht, bis ich für Solotouren bei einem Titan Topf mit 1.1L Volumen gelandet bin, dessen Deckel man auch als Minibratpfanne nutzen kann. Seither ist da kaum mehr Neues dazu gekommen und der Topf beginnt langsam aber sicher aussen (nicht innen!) eine wunderbare Patina anzusetzen. Das gleiche gilt für den Wasserkessel von Trangia, den ich als Kaffeetopf nutze und der mich nun seit sicher 10 Jahren treu begleitet. Er hilft unterwegs jeden Morgen, dass die Zeit nach dem Aufstehen mit einer heissen Tasse Kaffee etwas freundlicher wird. Und ja, ja, ich weiss, ich bin ein Gear Nerd… aber ich habe gelernt, dass ich zwar problemlos mit x-beliebigem Material unterwegs sein kann, mir das passende Material das Leben aber sehr erleichtert.

Und das finde ich, ist auch gleich eine gute Überleitung zum zweiten Thema in diesem Blog: Simone und ich fragen uns im Wachstumsraum auch immer mal wieder, was wir auch im nicht materiellen Bereich brauchen, damit wir leicht und geschmeidig im Alltag und auch auf Reisen unterwegs sein können. Aus eigener Erfahrung wissen wir beide, was es bewirkt, bei sich selbst alte Muster und Verhalten aufzulösen oder positiv zu verändern. Es hilft uns z.B. Klarheit über unsere Ziele und Werte zu schaffen, verbessert unsere Selbstwirksamkeit, in dem wir unser Leben aktiver gestalten können, wir lernen neue Bewältigungsstrategien, um mit Unsicherheit und Überforderung umzugehen und wir können gelassener und mit mehr Empathie kommunizieren und Konfliktsituationen begegnen.

Das müsstest du schon selbst ausprobieren. Wenn du Fragen zu einzelnen Teilen hast oder warum ich ein bestimmtes Produkt nutze und nicht ein anderes, freue ich mich über deine Email!

Amok Draumr 5 Ultralight unter zurückgefaltetem Hyperlite Flat Tarp. Ikeataschen sind übrigens perfekt, um den Krempel vom Boot zum Biwakplatz und zurück zu tragen!

Untenstehend habe ich für alle Gear Nerds und sonstigen Interessierten eine kurze Materialliste mit meinen Lieblingsstücken zusammengetragen. Das ist alles Material, das ich i.d.R. schon länger nutze und das sich mehrfach, auch in schwierigen Situationen, bewährt hat. Ob das auch für dich funktioniert, kann ich dir nicht sagen.

Zelt: Hyperlite Flat Tarp (1 Pax),  Durston X-Mid Pro 1 (1 Pax), Hillberg UltaMid 2 (2 Pax) Hilleberg Niak (1 Pax), Hilleberg Staika (2 Pax)

Hängematte: Amok Draumer 5.0 Ultralight, Sea to Summit Ultralight Hängematte als Freizeithängematte (nicht zum drin übernachten)

Kocher: Hobo von E7 (Holz), Soto Windmaster (Gas), Soto StormBreaker (Gas, Benzin, Diesel)

Schlafsäcke/Quilts: Western Mountaineering TopLite Quilt (3°C), Therma Rest Vesper Quilt (-6°C), Western Moutaineering Puma (-30°C)

Rucksäcke: Porter mit 45 bzw. 70 Liter von Hyperlite, Reiserucksack Allpa 42L Travel Pack von Cotopaxi (lässt sich wie ein Koffer aufklappen aber muss nicht über Kopfsteinpflaster gezogen werden und reicht z.B. für drei Wochen Reiseleitung), Peak Design Outdoor Backpack 25l Fotorucksack

Küche: (i.d.R. aus Titan): Toaks 1100ml Topf (Gas und Holzfeuer), Trangia Wasserkessel 0.5l (Kaffee :-D), Toaks Titantasse mit Faltgriffen, Spork aus Titan, Victorinox Swiss Classic Picknickmesser (perfekt für die Outdoorküche)

Bekleidung: Gore-Tex Jacken und Hosen von Norrøna, Merino von Woolpower, SmartWool, Mons Royale, Diverses von Lundhags

Schuhe: Cairn Evo Pro Sandalen von Bedrock (von Sand über Wasser, Steine, flach bis Berge, Wüste bis Jungel, einfach immer und überall weltweit, ich liebe sie!), Vandra II high Wanderschuhe von Lundhags, Altra  Lone Peak Trailrunningschuhe

Elektronik: Powerbanks von Nitecore aus der Carbo-Serie (sehr leicht), MINIX Universal-Reiseadapter GaN III mit 140 W und drei USB-C Ladeplätzen (inkl. Laptop) für weltweites Laden, möglichst alle Geräte mit USB-C Anschluss, was die Menge an Kabel reduziert, Stirnlampe Nitecore Nu20 Classic (aufladbar)

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Mit dem Velo dem Rhein entlang – bewusstes Reisen zwischen Natur, Begegnung und innerer Bewegung